Hermigua auf La Gomera

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Es ist Montag der 12. Oktober und heute ist mein Tag Nummer 99. Inzwischen weiß ich nicht mehr so genau ob ich von Anfang an wirklich daran geglaubt habe jemals eine so lange Zeit ganz allein auf Reisen sein zu können. Aber es hat funktioniert und diese Reise ist die beste „Burnout-Prophylaxe“ die man sich vorstellen kann. Nach 99 Tagen bin ich zufrieden und glücklich. Alles ist perfekt, zumindest für mich. Meiner Freundin Sandra geht die lange Trennung inzwischen ziemlich an die Substanz und sie kann es kaum erwarten, dass ich endlich wieder nach Hause komme.

Bei mir schlagen diesbezüglich zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite möchte ich auch nach Hause, aber dann hat dieses „Leben im Paradies“ auch schlagartig ein Ende. Sobald ich wieder in Deutschland bin, wird mich wahrscheinlich sehr schnell die erstbeste Grippewelle erwischen. Während meiner Reise hat sich mein Asthma komplett auskuriert. Ich habe aktuell keinerlei Atembeschwerden mehr. Keine Allergietabletten, kein Asthma-Spray, keine Tabletten gegen zu hohen Blutdruck, ich brauche derzeit keine einzige Pille zu meinem Glück. Sobald ich wieder daheim bin wird sich dies wohl wieder ändern, so zumindest meine Befürchtung. Aber ich weiß jetzt, es liegt nicht an mir, es liegt an den Lebensumständen daheim in Deutschland. Es ist der Mix aus Heizungsluft, schlechten Angewohnheiten und zu wenig Bewegung, der mich dort fertig macht. Den ganzen Tag an einem Schreibtisch zu sitzen, das fällt mir inzwischen richtig schwer.

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Castillo del Mar auf La Gomera

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Es ist Sonntag und heute könnte ich ausschlafen, denn das Zimmermädchen hat heute frei. Grundsätzlich nichts schlechtes, aber heute gibt es deshalb auch kein Frühstück. Am Vortag habe ich im Supermarkt inige sehr leckere Orangen gekauft. Fünf Stück haben 1,07 Euro gekostet. Sie sind hier preiswert und die Qualität ist mehr als überzeugend. In meiner kleinen Küche im Appartement #408 gibt es eine kleine Saftpresse. Es kleben noch ein paar alte Orangen-Fusseln daran, aber ich habe Spülmittel und eine Spülbürste zur Hand. So kann ich kurz drauf meinen ersten selbst gemachten „Zumo Naranja Natural“ kosten, lecker! Dazu ein paar Spiegeleier auf Toast und schon bin ich für den Tag gerüstet.

Heute will ich mit meinem Motorrad den Norden von La Gomera erkunden. Im Internet habe ich gelesen, dass es bei Vallehermoso eine nette kleine Burg geben soll. In der Presse wurde sie auch als Heimat der Ritter der Bananenburg bezeichnet. Dies kommt wohl daher, dass es natürlich keine alte Ritterburg ist, vielmehr wurden hier seit 1890 allerlei Früchte auf Schiffe verladen. Wegen der exponierten Lage, konnten die Schiffe hier direkt anlegen, was die Verladearbeiten stark vereinfach hat. Im Jahr 1981 war der Ort verfallen und fast in Vergessenheit geraten. Frisches Obst wurde längst an anderen Orten verschifft. Der deutsche Fotograf Thomas Müller war zu diesem Zeitpunkt schon seit einigen Jahren auf La Gomera und hatte bereits viele schöne Postkartenmotive fotografiert. Mit dem Verkauf seiner Postkarten hatte er ein kleines Vermögen angehäuft, das er letztlich in die Renovierung dieser stark verfallenen Verladestation am Strand von Vallehermoso investierte. Für einige Jahre erstrahlte die Burg drauf in neuem Glanz und war bei Künstlern und Besuchern sehr beliebt. Jedoch gab es von Anfang an ein Problem mit der fehlenden Stromversorgung. Der Storm für das Gebäude musste teuer mit Dieselgeneratoren erzeugt werden. Schließlich gab es noch ein weiteres Problem mit einer fehlenden Konzession. Das Castillo musste geschlossen werden und wartet nun schon seit vielen Jahren drauf wieder neu belebt zu werden.

Mit diesem Wissen im Kopf soll es nach dem Frühstück ins Tal von Valle Hermosa gehen.

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Das Leben auf La Gomera

Meine Reise steuert langsam aber sicher auf den einhundertsten Tag zu. Dennoch bin ich gelassen, denn es war nie mein Ziel genau einhundert Tage lang zu verreisen und danach sofort wieder Tag für Tag in einem Büro zu sitzen und Software zu entwicklen. 100 Tage sind eine lange Zeit und Ewan McGregor und Charley Boorman sind in der gleichen Zeit einmal um die Erde gereist, aber auch das war nie mein Ziel. Vielmehr will ich Abstand gewinnen und ausloten wie sich das Leben ohne überflüssigen Firlefanz anfühlt. Alles was ich habe sind ein paar T-Shirts. Dazu noch ein lange sowie eine kurze Hose. Ein Paar Turnschuhe, Sandalen und etwas Unterwäsche. Mehr brauche ich nicht, denn ich bin eh fast täglich in meiner Motorradkombi unterwegs. Es ist ein einfaches Leben ganz ohne Ballast und es fühlt sich gut an.

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Von Anfang wollte ich im wesentlichen die Inseln der Kanaren besuchen, die ich bislang noch nicht kannte. Ich wollte mit meinem schönen blauen Motorrad bei wunderbarem Wetter durch Europa fahren und das solange es eben geht. Ob dies nun 100 oder ein paar Tage mehr oder weniger sind, das war nie wirklich wichtig. Trotzdem ist es aber cool, dass meine Reisezeit nun bald dreistellig wird. In drei Tagen lässt sich vieles auch leichter rechnen. Ich bin dann seit 2.400 Stunden bzw. 144.000 Minuten unterwegs. Bei einem Puls von 100 pro Minute hätte mein Herz sagenhafte 14.400.000 mal das Blut durch meinen Körper gepumpt. In 100 Tagen bin ich rund 12.000 Kilometer gefahren, also nur etwa 120 Kilometer pro Tag. Das ist nicht wirklich viel und manch ein Biker wird dabei ein Grinsen im Gesicht haben. Aber hey, ich habe an einem Stück mehr als einhundert mal mein Motorrad bestiegen, mir ein Ziel gesucht und bin an fast allen Abenden todmüde und glücklich ins Bett gefallen. Welcher Biker kann das schon von sich sagen?

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Der Sternenhimmel über La Gomera

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Tagelang habe ich gewartet und heute werde ich endlich belohnt. Alle Wolken sind weg und ich habe die Hoffnung auf einen wunderbar klaren Sternenhimmel. Weil der Abend sicher sehr lang werden wird, verbringe ich den ganzen Tag in meinem kleinen Appartement. Obwohl draußen ganz herrlich die Sonne scheint und ich eigentlich ein schlechtes Gewissen habe, arbeite ich einige Stunden am Buch zu dieser Reise. Als die Nacht langsam aber sicher hereinbricht mache ich mich auf den Weg zu einem Aussichtspunkt, den ich in den letzten Tagen erkundet habe. Dort habe ich einen schönen Blick auf Teneriffa und die Bucht unterhalb von Hermigua. Im Gepäck habe ich heute meine Fuji X-T1, die Fuji X-E2 und mehrere lichtstarke Festbrennweiten.

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