Teneriffa 2012 – Tag 14

Gipfelstürmer

Als der 14. Tag für mich anbricht ist es 6:30. Ich beeile mich so gut es geht und bin um kurz vor 7h auf der Autobahn. Mein Ziel ist die Seilbahn die hier auf den schönen Namen „Teleferico“ hört. Dort will ich mich mit meinem facebook-Freund Aschraf treffen und ihn endlich im „richtigen Leben“ kennenlernen. Als ich die Mondlandschaft des “ Parque National del Teide“ in etwa 2200 Metern erreiche geht gerade die Sonne auf. Der zierlichen Wolkenstreifen am Himmel leuchten in zartem Rosa und über der Kraterwand der Canadas del Teide wird es langsam hell. Ich halte kurz an und montiere meine kleine GoPro HD HERO 1080 an das hintere linke Seitenfenster. Nachdem sie gestartet ist und ich mich versichert habe, dass sie auch gerade ausgerichtet ist, geht es weiter um Fuße des höchsten Berges der Spanier. Ein paar Minuten später treffe ich dort und. Es ist jetzt etwa 8:30 und ich bin der erste Besucher. Schnell ist das Auto geparkt, ich springe wie elektrisiert heraus, reiße den Kofferraum auf und baue in Windeseile mein kleines Video-Stativ auf. Die GoPro wird provisorisch auf eine kleine Mauer gelegt und so filmen zwei Kameras diesen kostenlose tägliche Naturschauspiel. Mit der Nikon D800E mache ich schnell ein paar Fotos und bin überrascht, dass das ganze Schauspiel nur einige wenige Minuten dauert.

Nikon D800E - Sunrise - Tenerife - Teneriffa

Danach ist es hell und die Sonne scheint mir fröhlich ins Gesicht. Die ersten Mitarbeiter am Teleferico sind schon bei ihrer täglichen ersten Testfahrt. Während ich mir das Schauspiel ansehe treffen nach und nach die Mitarbeiter ein. Etwa 25 Menschen scheinen hier Tag für Tag zu arbeiten. Aus einem Kleinbus steigen etliche Frauen aus und schleppen Kisten mit frischem Salat, Obst und Gemüse heran. Wenig später trudeln dann auch die ersten Touristen ein. Es ist eine Gruppe junger Spanier. Sie sind gut ausgerüstet, haben Wanderstöcke und kontrollieren am Auto nochmals ihre Ausrüstung. Sie packen Getränke und ein paar kleine Snacks ein. Dann gesellen sie sich zu mir dazu. Aschraf ist inzwischen auch eingetrudelt. Gemeinsam warten wir darauf eintreten zu dürfen. An der Kasse darf ich für 33,- Euro das erste Ticket des Tages lösen – Yeah! Aschraf löst Ticket Nr. 2 und wenige Minuten später geht es schon mit der Seilbahn den Berg hinauf. Als wir oben eintreffen steht dort eine Gruppe Wanderer die wahrscheinlich in der kleinen Hütte unterhalb des Gipfels übernachtet hat, um sich den grandiosen Sonnenaufgang über Gran Canaria in luftiger Höhe anzuschauen. Sie wirken schlapp und müde und es sieht aus als würden sie sich sehr auf die Abfahrt freuen.

Nikon D800E - Sunrise - Tenerife - Teneriffa

Aschraf und ich sind heute die ersten beiden Touristen die bergauf gefahren sind. Ich selbst war eine Weile nicht mehr hier oben und mir ist nicht ganz klar ob wir links oder rechts herum müssen. Wir entscheiden uns für links und trödeln quatschend den Weg hinauf. Die Aussicht ist grandios und wir verharren um den Augenblick zu genießen, da ruft uns von unten einer der Teleferico-Mitarbeiter zurück. Wir sind auf dem Weg zum Gipfel und ohne Genehmigung dürfen wir dort nicht hinauf. Die Genehmigung bekommt man inzwischen auch via Internet, das ist in den letzten Jahren alles viel einfacher geworden. Aber wir haben leider keine Exemplar dieses magischen Passierscheines. Ich bin ein wenig zerknirscht, hätten wir nicht so getrödelt, wir wären schon fast oben gewesen und niemand hätte uns zurück gepfiffen. So müssen wir uns wie erwartet mit der kleinen Fotorunde begnügen. Schade eigentlich, aber rein fotografisch gesehen durchaus wertvoll.

Wir laufen also zurück zur Station der Seilbahn und dann auf der gegenüberliegenden Seite in Richtung Westen. Von dort führt uns ein gut ausgebauter Wanderweg bergabwärts bis zu einem famosen Aussichtspunkt. Dort war ich bereits in den Jahren zuvor und es ist immer wieder atemberaubend. Heute ist es recht klar und wir können La Palma, La Gomera und El Hierro sehen. Vor uns liegt der Krater des jüngsten Vulkanes der Insel, der Pico Viejo. Sein Krater hat einen Durchmesser von ca. 800 Metern und ist etwas 250 Meter tief. Ehrfürchtig halten wir Inne und beschließen einige Höhenmeter in Richtung Pico Viejo abzusteigen. Hier ist der Weg deutlich anspruchsvoller, es ist mehr Krakseln als Wandern. Wir haben keine Wanderstöcke dabei und suchen mit den Händen Halt an den großen schwarzen Lavabrocken. Doch diese sind scharfkantig und rau, ein paar Handschuhe wären jetzt nicht verkehrt. Nach einer Weile müssen wir einsehen, dass wir mit unseren schweren Kamerarucksäcken besser nicht noch weiter absteigen sollten. Der Pico Viejo sieht aus als sei er zum Greifen nahe, aber es sind noch etwas 400 Höhenmeter die uns von der Kante des Kraterrandes trennen.  Und dieser Krater ist wirklich gewaltig, auch wenn er aus luftiger Höhe recht „unscheinbar“ wirkt!

An einer etwas breiteren Stelle halten wir an und bringen unsere Kameras in Stellung.

Der Dunst über den Inseln wird langsam stärker. Ich entschließe mich den IR-72 Infrarotfilter einzusetzen. Damit erhalte ich zwar nur Schwarz-Weiss-Bilder, aber dieser Filter sieht praktisch durch den Dunst hindurch. Wolken vermag er nicht zu durchdringen, aber leichter Dunst verschwindet wie von Geisterhand. Während ich Bild um Bild knipse, experimentiert Aschraf auch mit einem IR-Filter. Er ist mit den Ergebnissen eher unzufrieden. Allerdings hat seine Canon keinen Infrarot-Sperrfilter eingebaut. Er kann also im Live-View Modus auf dem Display sehr schön sehen was die Kamera fotografieren würde. Aber es ist alles dunkelrot und sehr kontrastarm. Ich gebe ihm den Tipp die Kamera in den Schwarz-Weiss-Modus zu bringen, einen Rot-Filter zu simulieren und den Kontrast so weit wie möglich zu steigern. Danach zeigt seine Canon im Live-View ein recht realistisches Bild dessen was die Kamera letztlich in den RAW-Bildern aufzeichnen wird.

Teneriffa - Nikon D800E - Infrared - Infrarot - Tenerife

Als wir unsere Session beendet haben machen wir uns auf den Rückweg zur Seilbahn. Ich habe morgens nur einen Schluck Wasser getrunken und bin dann recht überstürzt zum Auto gehastet. Weil mich der Sonnenaufgang so fasziniert hat habe ich vergessen etwas zu trinken und zu essen vom Kofferraum meines Autos in meinen Fotorucksack umzupacken. Das rächt sich jetzt. Hungrig und durstig kämpfe ich mich mit dem schweren Rucksack und zwei Stativen durch die scharfkantigen Lava-Brocken den Berg hinauf. Alle paar Meter muss ich stehen bleiben weil ich kaum noch Luft bekomme. Ich bin total überrascht, auf dem Hinweg war alles noch ganz cool und jetzt das? Ich fühle mich schlapp und entkräftet, aber nach einer kurzen Pause geht es wieder weiter. Mit der Zeit werden Pausen länger und die Intervalle kürzer. Obwohl es nur noch ein paar hundert Meter bis zur Seilbahn sind scheint sie mir in weiter Ferne zu sein. Während ich nach Luft ringe kommt mir eine ältere Dame entgegen, schaut mich grinsend an und sagt „Are you a smoker?“ Nein bin ich nicht, meine erste und letzte Zigarette habe ich mit 14 gequalmt. Nach meinem ersten Lungenzug war es mir furchtbar übel und ich habe es bleiben lassen. Gott sei dank!!

Als wir nach echt langer Zeit endlich an der Seilbahn angekommen ist mir schwindelig und übel. Ich kann mich nur mit Mühe auf den Beinen halten und bin froh auf einem von der Sonne durchgewärmten Mauervorsprung ausruhen zu können. Aschraf geht mal schauen ob es nicht etwas zu Trinken oder zu Essen gibt. Aber einen Kiosk gibt es hier oben nicht, hier ist jeder für sich selbst verantwortlich. Alle haben etwas zu Essen und zu trinken dabei, nur wir zwei nicht. Statt dessen habe ich fünf Objektive, mehrere Speicherkarten, eine Videokamera und zwei Stative im Gepäck. All das ist gerade eher eine Belastung als eine Hilfe.

Mir fällt auf wie mich einer der Teleferico-Mitarbeiter mustert. Er hat eine Basball-Kappe auf, trägt eine große Sonnenbrille und hat weite Teile seines Gesichts hinter einem Halstuch verborgen. Er arbeitet hier Tag für Tag und er wird wissen warum. Einige Augenblicke später läuft ein junges Paar an mir vorbei. Sie trägt Schuhe die diesen Namen eigentlich nicht verdienen, es sieht aus als könnte sie damit Ballett tanzen. Dazu eine kurze Hose die aussieht als wären ihr knapp unter dem Schritt die Hosenbeine abgerissen worden. Wenn mir nicht schon schwindelig wäre, das wäre der Moment dafür 🙂

Als dieses junge Mädchen dann plötzlich in sich zusammen sackt ist der Teleferico-Mitarbeiter sofort zu Stelle. Sie wird flach hingelegt und jemand hält ihre nackten Beine mit den Schuhen die keine sind in die Höhe. Wenig später liegt sie halb ohnmächtig in der Kabine der Seilbahn. Eingewickelt in eine Decke wird sie in wenigen Minuten etwa 1.400 Meter weit „abgeseilt“. Ich selbst warte inzwischen sehnsüchtig darauf ihr folgen zu dürfen. Da kommt auch schon die zweite Kabine oben an. Sie ist jetzt also unten. Schnell rein in die Kabine und da geht es auch schon los. Ich muss mich festhalten um nicht umzukippen. Als wir wenige Minuten später unten auf 2.250 Metern eintreffen geht es mir schon etwas besser. Wir gehen rüber zum Restaurant und ich bin froh als ich an einem freien Tische einen Sitzplatz finde. Aschraf rettet mich kurz darauf mit einer frischen kalten Cola, einer leckeren Kanarischen Banane und dem wunderbarsten Kuchen den ich seit langem gegessen habe. Schnell geht es mir wieder besser und wir beginnen über die Vor- und Nachteile des Nikon- sowie des Canon-Kamerasystems zu philosophieren. Wenn ich das kann, und das kann ich gut, dann geht es mir definitiv wieder besser 🙂

Nach etwa einer Stunde bin ich wieder hergestellt und wir beschließen zu den „Los Roques“ zu fahren. Es ist nicht weit, wir können sie von der unteren Station der Seilbahn aus sehen. Dort machen wir eine kleine Wanderung und sind immer wieder erstaunt wie genial hier oben das Licht ist und was diese Landschaft aus geologischer wie fotografischer Sicht für ihre Besucher bereit hält.

Pico del Teide Sunset - Los Roques

Um etwa 17h müssen Aschraf und ich uns dann leider verabschieden. Ich fahre zurück zum Hotel, dank der freien Straßen treffe ich schon um 18h dort ein.

Während der introvertierten Fahrt den Berg hinab lasse ich den Tag Revue passieren. Fotografisch gesehen war alles bestens, aber wir konnten es nicht richtig ausnutzen weil mir die Puste ausgegangen ist. Es war fahrlässig und dumm ohne Getränke und etwas zu Essen dort hinaufzufahren. Alles in allem habe ich meinem Körper am Morgen in etwa 2h einen Unterschied von fast 3.800 Höhenmetern zugemutet. Das alles ohne Essen mit viel zu schwerer Fotoausrüstung, das musste schief gehen. Beim nächsten Mal nehme ich weniger Gepäck mit und habe bestimmt ein paar Müsli-Riegel und das eine oder andere zuckerhaltige Erfrischungsgetränk dabei.

Hier zum Vergleich noch ein „normales“ Foto ganz ohne Infrarot-Filter. Man sieht sehr deutlich den Dunst der die anderen Inseln umschließt. Vergleicht man dieses Bild mit der Infrarot-Variante, so ist diese sichtbar klarer und akzentuierter. 

Nikon D800E - Sunrise - Tenerife - Teneriffa

Zurück am Hotel ist Sandra recht entspannt. Sie hat wieder einen schönen Tag in Puerto de la Cruz verbracht. Gemeinsam fahren wir rüber zum Monasterio und gönnen uns ein leckeres Abendessen. Ich habe das Gefühl, dass ich nach diesem Tag Energie brauche und esse ein saftiges Filet-Steak. Das kommt jetzt echt gut, dazu ein Bier und ich bin reif für die Nacht. Später im Hotel werden dann auch nur schnell die Bilder des Tages auf die neue externe Festplatte gesichert. Danach geht es recht früh ins Bett. Dieser Berg da oben hat mich heute echt fertig gemacht. Man wird nicht jünger, das habe ich heute wieder einmal bemerkt.

Nikon D800E - Nikon AF-S 2.8/24-70mm

Nikon D800E - Nikon AF-S 2.8/24-70mm

4 Antworten auf „Teneriffa 2012 – Tag 14

  1. Das sollte man gar nicht glauben, wie einem doch die Anstrengungen in diesen Höhen zusetzen kann, überhaupt, wenn man nicht gegessen und getrunken hat.
    LG Gabi

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  2. Walter und ich waren ja ein paar Tage später auf dem Teide. Dank Deinen Tipps haben wir genügend zu Trinken und zu Essen eingepackt. Man glaub gar nicht, was so ein Höhenunterschied bzw. ein Druckunterschied anstrengend sein kann, auf dem Weg zurück ins Hotel bin ich erstmal eingenickt. Zum Glück ist Walter gefahren ;-).

    Es war ein tolles Erlebnis. Die Aussicht einfach herrlich. Unsere Fotos sind zwar nicht annähernd so klasse wie Deine, aber trotzdem sind es tolle Erinnerungen. Was so ein IR-Filter ausmacht…….

    LG
    Alexandra

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    1. Es freut mich total, dass Ihr in meinem BLOG gestöbert habt 🙂 Eure Nikons funktionieren übrigens blendend mit einem Infrarotfilter. Zwar kann man durch den IR72 selbst nichts sehen, aber die D70 hat ein sehr „dünnes“ Infrarot-Sperrfilter und damit sieht der Chip dann so richtig „rot“ und aus den RAW Bildern kann man ganz tolle Schwarz-Weiss-Bilder zaubern! Ich freue mich schon auf unsere nächste Weihnachtsreise 🙂 Ciao, Ansgar

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